Spaziergang

Ein Gastbeitrag von Dr. Dan Reynolds (Hochschule Niederrhein), Mitglied des wissenschaftlichen Beirats unseres gemeinsamen digiS-Digitalisierungsprojekts Die Sichtbarmachung des Sichtbaren – Berlins typografisches Kulturerbe im Open Access mit Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin, Erik Spiekermann Foundation gGmbH und Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin.

Schrift für Schrift durch die Stadt – ein Spaziergang auf den Spuren von Berlins historischen Schriftgießereien

(aus dem Blog-Netzwerk der StaBi-Berlin)

Schwabacher

Der Erlass war so geheim wie überraschend: Am 3. Januar 1941 verfügte NSDAP-Organisationschef Martin Bormann, dass Hitler die Frakturschrift in Deutschland nicht mehr sehen wolle. Zur Begründung wurde auf einen Mythos verwiesen.

Als die Nazis ihre Schrift hassen lerntenWelt v. 03.01.21

Seriosität

Es gibt eine Handvoll Wörter, Begriffe oder auch Konstruktionen, die ich in meinem Leben immer und immer wieder nachschauen muß. Und wo ich mich jedesmal frage: »Warum zum Henker kann-ich-mir-das-nicht-merken?« Vielleicht liegt das Geheimnis eben genau darin, nämlich dass ich so oft zwei oder mehr Möglichkeiten zu einer Sache abgewogen habe. Und mir deshalb die verschiedenen denkbaren Varianten gleichberechtigt in Erinnerung bleiben. Sei es drum.

Und heute stolpere ich über das Wort Seriosität. Und bin mir sicher, dass es zu korrigieren ist. Weil es natürlich Seriösität heißen muß. Mit Ööööö! Und dass es daran keinen Zweifel gibt, keinen Zweifel geben kann. Und dass Ich niemals in Versuchung war, das anders zu schreiben. Ich hätte mein Honorar drauf gewettet (nun, zumindest einen Teil davon). Aber nix da. Natürlich wird es mit o geschrieben. Bin ich jemals darüber gestolpert? Habe ich das je gewußt? Oder habe ich es einfach immer stickum korrigiert und keiner hat sich beschwert?

Ich weiß es nicht. Was ich aber weiß: Seriosität zu schreiben scheint mir absolut unseriös.

Kalauer, ich weiß … aber das ist wieder eine andere Geschichte … ;o)

 

Sprache und Persönlichkeit

Ich bin mittlerweile viel frecher, genauer, direkter und ehrlicher auf Deutsch geworden. Manchmal auch unhöflich, auf eine für mich immer noch erschreckende Weise. Ich denke, dass die Befreiung von dieser mit Griechisch verbundenen Pseudohöflichkeit immer noch eine provisorische ist […]. Natürlich bin ich das Amalgam meiner Erinnerungen, meiner Ängste und elterlichen Ratschläge. Und des ersten Liebeskummers. All diese flüstern in meinem Kopf auf Griechisch. Deutsch aber ist für mich die Sprache meiner persönlichen Befreiung. Und der Emanzipation, die niemals fehlerlos ist.

Über Sprechen und Schweigen, über Petersilie und Gerippte.

Sehr schön das ;o)

DDR-Alltagsschrift

Falls jemand sich am ersten Juli-Wochenende Richtung Weimar begeben möchte:

Das dritte Walbaum-Wochenende widmet sich dem grafischen und typografischen Schaffen der DDR. Der Fokus liegt dabei weniger auf den schon oft thematisierten Druckschriften des VEB Typoart, sondern auf jenen, den Alltag prägenden Schriftanwendungen durch Grafiker und Schildermaler.

Führungen, Fachgespräche, diverse Vorträge und ein Bleisatz-Workshop. Nicht zu vergessen: Thüringer Rostbratwurst ;o)

DDR-Alltagsschrift (Infos u. Anmeldung)

affrös

Abscheulich, scheußlich, hässlich.
Drüber gestolpert bei der Suche nach einem Ersatzwort für hässlich, weil ich auch dabei immer noch einen Hang zum althergebrachten ß habe. Der Duden gibt als Herkunft germanisch-provenzalisch-französisch an … vielleicht mag ich das Wort deshalb. Als ich es erstmalig las, kam mir sofort ein Dialog in den Sinn:

»Schatz, wie findest Du mein neues Kleid?«
»Affrös, Liebes, absolut affrös!«

Ich glaube, der Einsatzmöglichkeiten sind viele ;o)

äquivok

Die aktuelle deutsche Rechtschreibung ist natürlich maßgeblich für meine Arbeit. Im persönlichen Bereich gibt es jedoch Schreibweisen, die ich in diesem meinem Leben nicht mehr ablegen werde, nicht mehr ändern will. Vieles davon bezieht sich auf die Verwendung des ß …
Als ich neulich mal wieder »mißverständlich« schrieb und jemand mich auf die korrekte Schreibweise mit Doppel-s aufmerksam machte, war es Zeit, nach einer Alternative zu suchen. Und ich bin fündig geworden.

Unbestimmt, mehrdeutig, missverständlich … äquivok ist ein richtig schönes Wort, macht was her und klingt wirklich gebildet. Jetzt muss ich es mir nur noch merken können.

Causerie

sprich: Ko-s-rie
Das Geplauder, die Plauderei. Als causerie-débat auch etwas ernsthafter, Richtung Gedankenaustausch, Gesprächsrunde.

»Ich bitte Sie um 20:00 bei einer guten Flasche Wein zu einer Causerie.«
Klingt das nicht schön?

In der Mainzer Gegend ist der Rückgriff auf französische Bezeichnungen (zumindest bei der älteren Generation) ja durchaus üblich. Vor dem Haus ist nicht der Bürgersteig, sondern das Trottoir. Auch die Berliner, zumindest die älteren Damen, neigten noch in den siebziger- und achtziger Jahren kräftig zum französeln. Eine Wilmersdorfer Witwe hat mich damals wirklich sprachlos gemacht, indem sie von ihrem Gang zur Droscherie berichtete. Die Drogerie klang ihr anscheinend nicht französisch genug. Das ist dann der abgespreizte kleine Finger in der Alltagssprache ;o)